Wir Menschen sind von Natur aus Gruppenwesen.
Unsere Persönlichkeit, Eigenschaften und Fähigkeiten entwickeln sich in enger Verbindung zu anderen Menschen. Erfahrungen aus zwischenmenschlichen Beziehungen können uns stärken oder schwächen und im schlimmsten Fall sogar seelisch krank machen. Daher steht in jeder Psychotherapie die Beziehung im Mittelpunkt. Besonders in Gruppentherapien kann die Beziehung zu anderen Menschen heilend wirken.
Was ist das Ziel einer Gruppenpsychotherapie?
In einer Gruppenpsychotherapie erleben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Umgang miteinander, wie sie ihre Beziehungen zu anderen gestalten. Sie lernen, ihre eigenen Gefühle und Empfindungen besser wahrzunehmen und gleichzeitig offener auf die Bedürfnisse, Beweggründe und Sichtweisen anderer Menschen einzugehen. Auf diese Weise können Symptome wie Depressionen, Ängste, Panikattacken, Zwangsgedanken oder psychosomatische Reaktionen als Ergebnisse misslungener zwischenmenschlicher Beziehungen verstanden werden – ein wichtiger Schritt, um Beziehungen zukünftig neu zu gestalten.
Was ist der Vorteil einer Gruppenpsychotherapie?
In einer Gruppenpsychotherapie erhält jedes Gruppenmitglied Rückmeldungen von mehreren, ganz unterschiedlichen Menschen – nicht nur von der Therapeutin oder dem Therapeuten. Die Teil-nehmenden machen die Erfahrung, dass andere ihre Probleme ganz anders angehen. Neue Gruppenmitglieder erleben schnell die besondere Kraft der Therapiegruppe. Die Gruppe wird zu einem stärkenden Ort, an dem intensiver Halt erfahren wird. Dieser Halt ermöglicht es den Einzelnen, schwierige Beziehungskonstellationen und psychische Störungen zu erleben, zu verstehen und zu bearbeiten. Das neu gewonnene Wissen kann im Alltag erprobt und zur Weiterentwicklung wieder in die Gruppe eingebracht werden.
Welche Therapieverfahren gibt es in der Gruppenpsychotherapie?
- Verhaltenstherapeutische Gruppen: In diesen Gruppen kommen oft Menschen mit ähnlichen Beschwerden zusammen und arbeiten fokussiert an spezifischen Arten von Schwierigkeiten, wie zum Beispiel in Depressions-, Angst- oder Schmerzbewältigungsgruppen. Therapeutinnen und Therapeuten vermitteln Wissen über die seelische Erkrankung und Techniken zur Änderung von Erlebens- und Handlungsweisen nach einem für viele Situationen geeigneten Muster. In manchen verhaltenstherapeutischen Gruppen lernen Teilnehmende mit unterschiedlichen Krankheitsbildern, die Reaktions- und Handlungsweisen zu verstehen und zu verändern, die ihren verschiedenen Krankheitsbildern zugrunde liegen, wie etwa Selbstwertprobleme oder Schwierigkeiten in der Kommunikation mit anderen. Beispiele sind Selbstwertgruppen, Gruppen zum Training sozialer und emotionaler Kompetenzen, Schematherapiegruppen und viele andere mehr.
- Tiefenpsychologisch fundierte und analytische Gruppen: In diesen Gruppen geht es darum, die grundlegenden inneren Dynamiken zu erleben und zu verstehen, die unser Beziehungsverhalten prägen. Diese Dynamiken sind oft das Ergebnis bisheriger Beziehungserfahrungen und werden von meist unbewussten inneren Motiven und Mustern beeinflusst. In einem sicheren Rahmen und durch offene Gruppenkommunikation entfaltet sich der Gruppenprozess. Im Mittelpunkt stehen drei Bereiche: das Beziehungserleben in der Gruppe, gegenwärtige Konflikte und die eigene Lebensgeschichte. Der Unterschied zwischen tiefenpsychologisch fundierten und analytischen Gruppen liegt in der Intensität und den therapeutischen Zielsetzungen. Tiefenpsychologisch fundierte Gruppen konzentrieren sich auf Konflikte und Beschwerden, die für die aktuelle Lebenssituation besonders relevant sind. Analytische Gruppen hingegen zielen zudem auf eine nachhaltigere Veränderung der inneren psychischen Strukturen, Persönlichkeitsanteile und Konflikte ab, die der jeweiligen Erkrankung zugrunde liegen. Daher benötigen analytische Gruppen auch mehr Zeit.
- Systemische Gruppen: In diesen Gruppen werden die Mitglieder als Teil eines temporären sozialen Systems (Gruppe) betrachtet, in dem sie als Kundige aktiv an erwünschten Veränderungen arbeiten, dazu ihre Ressourcen nutzen und ihre Expertise auch anderen Gruppenteilnehmenden zur Verfügung stellen. Die systemische Gruppentherapie orientiert sich an den konkreten Anliegen und Zielen einzelner Gruppenmitglieder. Ausgehend von der Grundannahme, dass die Potentiale für Veränderungen bereits vorhanden sind, werden gemeinsam Hypothesen dazu gebildet, was derzeit (noch) hinderlich ist. Mit verschiedenen Methoden (z. B. reflektierendes Team, Aufstellungen, Metaphern-arbeit) werden Kommunikation und Reflexion angeregt. Auf diese Weise verhilft die Gruppe den Teilnehmenden dazu, andere Perspektiven einzunehmen, dadurch neue Erkenntnisse zu gewinnen und Veränderungen einzuleiten. Eine besondere Möglichkeit ist das Mehrpersonensetting, d. h. die Arbeit mit mehreren Paaren/Familien etc. in einer Gruppe.
Die Kosten für Gruppenpsychotherapie in den beschriebenen Verfahren werden bei Vorliegen einer Erkrankung mit entsprechender Indikation von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen.
Welche unterschiedlichen Gruppen gibt es?
Gruppenpsychotherapien werden in verschiedenen Formen angeboten. Es gibt Gruppen für Erwachsene, Jugendliche und Kinder. Bei Letzteren steht die spielerische Aktivität im Vordergrund.An den Sitzungen nehmen drei bis neun Patientinnen und Patienten teil. Die Frequenz der Sitzungen kann variieren. Es gibt zwei Hauptsettings, in denen Gruppen durchgeführt werden:
- Geschlossene Gruppen: In diesen Gruppen gibt es einen festen Teilnehmerkreis. Alle Teilnehmenden beginnen und beenden die Gruppe gemeinsam. Dieses Setting eignet sich besonders für Gruppen mit einem klaren Therapieplan. Der Vorteil ist, dass alle gemeinsam die verschiedenen Phasen des Gruppenerlebens durchlaufen – vom Kennenlernen über zunehmende Offenheit bis hin zum Abschied.
- Halboffene Gruppen: In halboffenen Gruppen bleiben die Teilnehmenden so lange, wie es für sie erforderlich ist. Wenn ein Gruppenmitglied ausscheidet, kann ein neues hinzukommen. Dies hat den Vorteil, dass stets Mitglieder mit längerer Gruppenerfahrung anwesend sind, an denen sich neue Teilnehmende orientieren können.
Meist findet die Gruppenpsychotherapie ausschließlich in der Gruppe statt. Eine Kombination von Gruppentherapie mit einzeltherapeutischen Sitzungen kann jedoch sinnvoll sein, etwa um den Einstieg in die Gruppe zu erleichtern oder um das in der Gruppe Gelernte und Erfahrene im Einzelsetting zu vertiefen.
Therapeutinnen und Therapeuten stehen im Erstgespräch für weitere Informationen zur Verfügung und beantworten gerne Fragen zur Gruppen-psychotherapie.
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