Seelisch kommt der Mensch als Gruppenwesen zur Welt; erst Jahre später lernt er, sich als Individuum zu verstehen. (Heribert Knott)
Berufsverband der Approbierten Gruppenpsychotherapeuten

Stellungnahme zur Strukturreform der ambulanten Psychotherapie 10/2016

Mit dem GKV-Versorgungsstärkungsgesetz wurde der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) beauftragt, eine Strukturreform der ambulanten Psychotherapeutischen Versorgung und eine entsprechende Änderung der Psychotherapie-Richtlinien zu erarbeiten. Darin war eine Förderung der Gruppenpsychotherapie als wesentlicher Bestandteil gefordert.

Die vorgesehene Strukturreform wurde im Folgenden mit Datum vom 16. Juni d. J. durch den G-BA beschlossen. Nach Beanstandung des G-BA-Beschlusses durch das BMG mit Schreiben vom 1. August d. J. nahm der G-BA zur Beanstandung Stellung (mit Schreiben vom 19. August d. J.).

Auf der Grundlage dessen und mit Schreiben des BMG vom 9. Sept. d. J. wird somit die Strukturreform und Novellierung der Psychotherapie-Richtlinien formal zum 1. April 2017 in Kraft treten können. Seitens des BMG ist noch eine Überarbeitung bestimmter Punkte durch den G-BA bis zum 30. Nov. d. J. gefordert. Diese betreffen v. a. die vorgesehene und vom BMG beanstandete Art der Dokumentation gemäß §38 der PT-RL sowie die „Kann-Bestimmung“ bezüglich der neu einzuführenden Sprechstunden, die für Psychotherapeuten laut G-BA fakultativ, nach Forderung des BMG hingegen obligatorisch sein sollten (§11).

Der Förderung der Gruppenpsychotherapie, wie im GKV-Versorgungsstrukturgesetz gefordert, galt Hauptaugenmerk des BAG. Die vom BAG unternommenen Interventionen und Stellungnahmen bezogen sich insbesonders darauf.

Stellungnahme zur Strukturreform der ambulanten Psychotherapie 2 Der BAG begrüßt die mit der Strukturreform erreichte Förderung der Gruppenpsychotherapie ausdrücklich, auch wenn er konstatieren muss, dass diese hinter den Erwartungen zurück bleiben.

Eine Förderung der Gruppenpsychotherapie sieht er vor allem in der grundsätzlichen Gleichstellung von Gruppenpsychotherapie im Verhältnis zur Einzelpsychotherapie bezüglich Anwendungsform und Indikationsstellung. Was ein wirkliches Novum ist!!

So wird es in den PT-RL §4 Abs. 4 zukünftig lauten:

„Psychotherapie nach dieser Richtlinie kann als Einzeltherapie, als Gruppentherapie oder als Kombination aus Einzel- und Gruppentherapie Anwendung finden.“

„Grundsätzlich können alle Indikationen nach § 26 im Einzelsetting, im Gruppensetting oder in Kombination beider Settings behandelt werden….“

Damit wurde eine wesentliche Forderung des BAG umgesetzt. Die Kombination von Einzel- und Gruppentherapie wird hingegen bezogen auf die psychodynamischen Methoden kritisch und kontrovers diskutiert.

Eine wesentliche weitere Forderung sieht der BAG in der Vereinfachung des Gutachterverfahrens erfüllt, indem der erste und zweite Verlängerungsschritt zu einem zusammengefasst werden, d. h. ein Fortführungsantrag entfällt. Dabei werden die bisherigen Gesamtstundenkontingente beibehalten.

Weitere wichtige Forderung war, dass der Bericht zur Beantragung einer Gruppenpsychotherapie nur von einem in Gruppenpsychotherapie qualifizierten und tätigen Gutachter begutachtet werden kann. Diese Forderung wird in den neuen Psychotherapie-Richtlinien erfreulicherweise umgesetzt. Der Gutachter hat entsprechende Qualifikation und Tätigkeit nachzuweisen.

Die Gruppenpsychotherapie betreffend ist auch relevant, dass zukünftig die minimale Gruppengröße auf 3 Patienten gesenkt wird (bisher 6 Patienten) bei Beibehaltung der Obergrenze von 9 Patienten. Dies wird zum Aufbau einer neuen Gruppe im Sinne einer zeitlich befristeten Phase als hilfreich angesehen. Als grundsätzliche längerfristig gedachte Gruppenmindestgröße ist sie jedoch in den psychodynamischen Verfahren abzulehnen. Hier ist zu fordern, dass diese geringe Gruppengröße zeitlich zu begrenzen ist.

Befürwortet wird auch die neue Regelung, dass zukünftig ein Settingwechsel von einer Einzelpsychotherapie zu einer Gruppenpsychotherapie im Rahmen einer KZT nur anzeigenicht antragspflichtig (z. B. im Rahmen eines Umwandlungsantrages) ist. Dies könnte gerade beim Aufbau von Gruppen hilfreich sein.

Die Einführung der Rezidivprophylaxe hingegen wird in der in den neuen PT-RL vorgesehenen Form abgelehnt. Das Konstrukt, das fordert, dass die für die Rezidivprophylaxe vorgesehenen Sitzungen auf das Gesamtkontingent anzurechnen, bereits bei Erstantrag zu begründen und in der Anzahl zu benennen sind, ist der therapeutischen Praxis in keiner Weise angemessen. Damit werden vom Psychotherapeuten hellseherische Fähigkeiten verlangt.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass mit der Strukturreform und den neuen PT-RL ein wesentlicher Schritt zur Förderung der Gruppenpsychotherapie in der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung erreicht worden ist. Weitere werden jedoch folgen müssen, um den immer noch unangemessen unterrepräsentativen Anteil von Gruppenpsychotherapie in der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung zu steigern.

Zur Veranschaulichung der in den PT-RL geplanten Veränderungen und zur besseren Übersicht hängen wir Ihnen eine Graphik der KBV an. Außerdem verweisen wir auch auf folgende Seite des G-BA mit einer Vorabversion der neuen PT-RL - www.gba.de/informationen/beschluesse/2634/

Berlin, den 04.10.2016