Seelisch kommt der Mensch als Gruppenwesen zur Welt; erst Jahre später lernt er, sich als Individuum zu verstehen. (Heribert Knott)
Berufsverband der Approbierten Gruppenpsychotherapeuten

Stellungnahme des BAG zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung unter dem Aspekt der Förderung der Gruppenpsychotherapie

Heribert Knott und Peter Döring sind die Autoren der Stellungnahme des BAG zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung unter dem Aspekt der Förderung der Gruppenpsychotherapie

 

Textstellen des Entwurfs, die sich auf Gruppentherapie beziehen:

28. Dem § 92 Absatz 6a wird folgender Satz angefügt:

„Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis zum 30. Juni 2016 in den Richtlinien Regelungen zur Flexibilisierung des Therapieangebotes, insbesondere zur Einrichtung von psychotherapeutischen Sprechstunden, zur Förderung von Gruppentherapien sowie zur Vereinfachung des Antrags- und Gutachterverfahrens.“ (S. 18)

Begründungstext: Der Gemeinsame Bundesausschuss hat Maßnahmen zur Förderung der Gruppentherapie zu treffen. Dazu müssen Umsetzungshindernisse für die Gruppentherapie, die derzeit nur in geringem Umfang durchgeführt wird, beseitigt werden. Damit wird mehr Versicherten eine zeitnahe psychotherapeutische Versorgung ermöglicht.

Weiterhin wird der Gemeinsame Bundesausschuss beauftragt, das Antrags- und Gutachterverfahren nach §§ 25 ff. der Psychotherapie-Richtlinie zu vereinfachen. Dazu legt er unter anderem fest, in welchen Fällen eine Begutachtung entfallen könnte. Für die Kurzzeit- und die Gruppentherapie ist vom Gemeinsamen Bundes­aus­schuss zu prüfen, ob diese generell vom Antrags- und Gutachterverfahren zu befreien sind oder ob dieses durch ein einfaches Anzeigeverfahren ersetzt werden kann. (S. 93)

Stellungnahme des BAG

1.    Wir begrüßen die angestrebte Förderung der Gruppenpsychotherapie. Sinnvoll wäre aus unserer Sicht die Förderung der Gruppenpsychotherapie in den Abschnitten A (Problem und Ziel) und B (Lösung) des GKV-VSG bereits zu erwähnen.

2.    Wir halten es für erforderlich, dass die Gruppenpsychotherapeuten (derzeit allein durch den BAG repräsentiert) in allen Gremien vertreten sind, die sich mit der Gruppenpsychotherapie beschäftigen. Dies betrifft vor allem den Unterausschuss Psychotherapie im Gemeinsamen Bundesausschuss (§ 91 SGB V) und die beratenden Fachausschüsse für Psychotherapie der Kassenärztlichen Vereinigungen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (§ 79b SGB V). Außerdem halten wir ein Mitberatungs- und Antragsrecht der Gruppenpsycho­therapeuten im neu zu bildenden Innovationsausschuss des Gemeinsamen Bundesausschusses für sehr sinnvoll.

a.    Zur Beteiligung von Gruppenpsychotherapeuten im Unterausschuss Psychotherapie des Gemeinsamen Bundesausschusses müsste in § 91 SGB V nach Absatz (2) folgender neuer Absatz (2a) eingefügt werden:

„Im Unterausschuss Psychotherapie des Gemeinsamen Bundesausschusses muss unter den von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung benannten Mitgliedern mindestens ein Arzt oder PP/KJP sein, der die Belange der Gruppenpsychotherapie vertritt.“

b.    Bezüglich der beratenden Fachausschüsse für Psychotherapie der Kassenärztlichen Vereinigungen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung müsste zu diesem Zweck nach Satz 2 folgender Satz 3 in § 79b SGB V eingefügt werden:

„Aufseiten der beratenden Fachausschüsse für Psychotherapie der Kassenärztlichen Vereinigungen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung muss mindestens je ein Sitz der Ärzte-Vertreter und ein Sitz der PP/KJP-Vertreter mit einem Arzt bzw. PP/KJP besetzt werden, der die Belange der Gruppenpsychotherapie vertritt.“

c.     Um eine beratende Funktion der Gruppenpsychotherapeuten im Innovationsausschuss des Gemeinsamen Bundesausschuss zu gewährleisten, könnte folgender Text in § 92 b Absatz (1) des GKV-VSG als vorletzter Satz eingefügt werden:

„Die für die ambulante Gruppenpsychotherapie maßgeblichen Organisationen erhalten ein Mitberatungs- und Antragsrecht ausschließlich in Fragen, welche die Gruppenpsychotherapie betreffen.“

Begründung

Die Belange der Gruppenpsychotherapie sind in den beiden bestehenden Gremien stets zu kurz gekommen. Dies ist eine der Ursachen dafür, dass Gruppenpsycho­therapie in der Patientenversorgung heute nur noch eine marginale Rolle spielt. Dem kann nur entgegengewirkt werden, wenn mindestens ein fachlich ausgewiesener Gruppen­psychotherapeut im Unterausschuss Psychotherapie des G-BA und je ein Arzt und ein PP/KJP in den Beratenden Fachausschüssen Psychotherapie der KVen und der KBV alle Themen bezüglich ihrer Relevanz für die Gruppenpsychotherapie beratend mitarbeitet. Für den neu zu bildenden Innovationsausschuss des G-BA halten wir eine beratende Funktion für Gruppenpsychotherapeuten für sinnvoll und notwendig.

3.    Wir halten eine Befreiung der Gruppenpsychotherapie vom Antragsverfahren nicht für sinnvoll (Dem gemeinsamen Bundesausschuss wird nahegelegt, dies zu prüfen). Stattdessen schlagen wir vor, dass der Gemeinsame Bundes­auschuss eine Angleichung der Kontingente für Gruppenpsycho­therapie in allen Verfahren (VT, TP, AP) prüfen soll (Bewilligungsschritte für Gruppen­psychotherapie in allen Verfahren: 80/40/40 Sitzungen). Der erste Be­willigungs­schritt sollte wie üblich ein größeres Stundenkontingent beinhalten.

Begründung

a.    Antragspflicht: Die Gruppenpsychotherapie erfordert die gleiche Qualitätssicherung wie die Einzeltherapie. Sie soll nicht zum beliebigen ‚Billigverfahren‘ herabgestuft werden. Die Effektivität der Gruppenpsychotherapie steht derjenigen der Einzeltherapie nicht nach. Gruppenpsychotherapie muss Qualitätssicherung nicht scheuen. Im Bericht an den Gutachter wird die Indikation fachlich begründet und die Behandlung geplant. Dies stellt ein wichtiges qualitätssicherndes Element auch in der Gruppenpsychotherapie dar, das nicht entfallen sollte. Sonst besteht das Risiko, dass es Therapeuten gibt, die Patienten vorwiegend aus wirtschaftlichen Gründen und nicht aus einer klaren Indikation heraus in Gruppenpsychotherapie nehmen.

b.    Angleichen der Kontingente: Gruppenpsychotherapie eignet sich insbesondere für Patienten, die eine längere Psychotherapie aufgrund ihres Störungsbildes benötigen. Gerade für diese Patientengruppe ist in allen Verfahren oft eine längere Behandlungs­dauer sinnvoll. Uns ist bewusst, dass die Angleichung der Behandlungs-Kontingente für Gruppen­psychotherapie nicht Gegenstand des GKV-VSG ist. Sie wird hier lediglich als Alternative zur Aufgabe der Qualitätssicherung erwähnt, die das Gutachter­ver­fahren bietet. Durch adäquate Behandlungskontingente wird die Gruppenpsycho­therapie effektiver gefördert als durch verminderte Qualitätssicherung.

 

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